Endlich wieder da! - Projekt Feuerkinder Einsatz im August 2021

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30. August 2021

Kurz zur Lage im Land:

Noch immer ist Tansania Corona-Hochrisikogebiet, noch immer warnt das Auswärtige Amt vor Reisen nach Tansania.

Die letzten Zahlen zum Stand der Infektionen wurden am 7. Mai 2020 veröffentlicht. Die vorherige tansanische Regierung hatte die Thematik unter einem dunklen Mantel der Verschwiegenheit versteckt. Jedoch erreichten uns immer wieder Hilferufe aus dem Krankenhaus und dem URRC (USA River Rehabilitation and Training Center). Plötzliche Todesfälle bei gesunden Personen aus dem direkten Umfeld unserer Partnereinrichtungen oder akuter Mangel an Sauerstoff zur Behandlung „schwerer Lungenerkrankungen“ im Februar 2021 im Nkoaranga Krankenhaus. Für letzteren Notfall leiteten wir sofort die Finanzierung von mehreren Flaschen Sauerstoff in die Wege.

Als Folge der pandemischen Lage stiegen die Preise für Lebensmittel stark an. Der Tourismus brach nahezu völlig zusammen. Die Not im Land eskalierte. Mitarbeiter im Rehabilitationszentrum und im Krankenhaus konnten nicht mehr bezahlt werden.

Nach dem Tod des tansanischen Präsidenten John Magufuli im März 2021 übernahm erstmals in der tansanischen Geschichte eine Frau, die bisherige Vizepräsidentin Samia Suluhu Hassan am 19. März 2021 das Präsidentenamt. Unter ihr vollzieht sich Tansania eine vorsichtige Wende in der COVID-19 Politik. Eine Impfskepsis ist in der Bevölkerung noch weit verbreitet, auch wenn sich die Präsidentin am 27. Juli 2021 medienwirksam impfen ließ. Seit Ende Juli 2021 veröffentlicht die WHO sprunghaft steigende Infektionszahlen im Land.

 

Vorbereitung des Einsatzes:

Bereits im April wurde per Luftfracht dringend vor Ort benötigtes Material ins Krankenhaus gesendet. Unter anderem Hygienematerial zur Behandlung von Coronafällen, zwei Narkosegeräte und mehrere Überwachungsmonitore Unterarmstützen, Kunststoffgipse, Verbandsmaterialien und orthopädische Hilfsmittel.
Auch warme Decken und Kinderkleidung für den kalten tansanischen Winter wurden gesendet. Kurzfristig teilten uns die Kollegen mit, dass COVID 19 Antigentests und Schutzkleidung dringend von Nöten seien. Auch wurden Reanimationspuppen gewünscht, weil für derartige Schulungen kein Material vorhanden ist.

Die Ein- und Ausreise gestalten sich unter Corona Bedingungen deutlich komplizierter als bei den vorherigen Einsätzen. 

 

Unsere Aufgaben und Begegnungen vor Ort:

Installation und Schulung der Narkosegeräte im neuen OP

Drei gewartete und geprüfte Narkosegeräte vom Typ Sulla 808V und 909V und ein Druckluftaggregat Draeger MAC100 wurden im Vorfeld per Luftfracht ins Krankenhaus transportiert. Die einheimischen Anästhesisten wurden unter  technischen Problemen geschult. Die Einarbeitung konnte noch nicht vollständig abgeschlossen werden.

Weiterhin erfolgte die Einweisung von Ärzten und Mitarbeitern in der Anwendung des schon mit der letzten Fracht gesandten Dermatoms und Mesh-Gerät für Hautverpflanzungen. Mittlerweile behandeln die einheimischen Ärzte jetzt auch Verbrennungspatienten im Krankenhaus.

Treffen mit Pastoren zu geplantem Day-Care-Projekt

Die erste der vielen Begegnungen in Usa River war ein Treffen mit den fünf Pastoren, die seit Ausbruch der Corona-Pandemie Hilfsgüter, Hygieneartikel, Masken, warme Decken und Kleidung an Bedürftige in ihren Pfarreien weitergegeben haben. Es gibt Pläne zur Einrichtung von Day-Care-Räumen für behinderte Menschen, die bisher zum Teil versteckt wurden. So hätten die Mütter die Möglichkeit zu arbeiten und mit für den Unterhalt zu sorgen. In einer eindrucksvollen Präsentation stellten die Pastore dieses Projekt vor.
Es war sehr bewegend, als die fünf Pastoren an Frau Dr. Schraml ein Bild, das ein einheimischer Künstler von ihr und einem operierten Kind gemalt hatte, als Dank für die große materielle Unterstützung armer Menschen überreichten.

 

Installation und Schulung der Überwachungsmonitore

Zusätzlich zu einem der Narkosegeräte wurde uns ein Monitor Siemens SC9000XL sowie mehrere Monitore Siemens 6002XL überlassen. Dies erlaubt eine Standardüberwachung mit EKG, automatischer Blutdruckmessung und Pulsoxymetrie.
Hier schulte Gregor Wittmann abwechselnd einen der einheimischen Anästhesisten, während Dr. Schwendner bei laufendem OP Betrieb im alten OP den jeweiligen Kollegen auslöste. Drei Monitore sind seit vielen Wochen auf der Intermediate Care Station, und in der Triage im Krankenhaus eingesetzt.

 

Schulung des Laborpersonals in Corona Antigen Schnelltests

Kurz nachdem im Krankenhaus die Kunde über die mitgebrachten Corona Antigen Schnelltests die Runde gemacht hatte, wurde auch schon die erste Patientin zu uns in den neuen OP geschickt. Gregor Wittmann und Dr. Schwendner führten jeweils einen Test in Schutzausrüstung durch, welche glücklicherweise negativ ausfielen.

Das Laborpersonal wurde geschult und die Schutzkleidung verteilt.
Dies ist ein enorm wichtiger Schritt um mehr Sicherheit für das Personal zu gewährleisten, das bisher nur zum Teil geimpft werden konnte.

 

Klumpfuß Projekt in USA River

Dr. Schraml und Frau Belzner besuchten die Klumpfußabteilung im URRC (USA River Rehabilitation Center), welche von Godluck hervorragend geleitet und organisiert ist. Ein Säugling mit einem Klumpfuß wurde nach entsprechender Vorbereitung auch weiter behandelt. In örtlicher Betäubung wurde eine Durchtrennung der Achillessehne vorgenommen und der Fuß anschließend eingegipst.

Benötigte Materialien wurden mitgebracht und den Mitarbeitern, dieser sehr gut funktionierenden Einheit überlassen. Dieses Verfahren nach Ponseti führen die einheimischen Kräfte mittlerweile regelmäßig selbständig korrekt und mit großem Erfolg durch.

Anwesend war auch Frau Dr. Godnester Mungure, die das Medizinstudium und Internship in einem staatlichen Hospital abgeschlossen hat- Wir freuen uns sehr, dass sie ab November im Nkoaranga-Hospital arbeiten wird.
In sie setzt Frau Dr. Schraml große Hoffnungen, dass Dr. Godnester Mungure nach weiterer Schulung während der nächsten Einsätze des Feuerkinder Teams die Operationen bei Kindern und Jugendlichen zu übernehmen. Höchst dankbar waren die Mitarbeiter für die gesandten Kunststoffgipse, die für die Nachbehandlung der Patienten absolut notwendig und in Tansania nicht zu erwerben sind.

 

Organisatorische Tätigkeiten vor Ort 

Dr. Schraml und Frau Belzner führten Gespräche mit den Verantwortlichen der Diözese und des Krankenhauses. Ein Themenschwerpunkt war der Bau eines Gebäudes für die Gynäkologie und Geburtshilfe, der mit finanzieller Unterstützung des Feuerkinderprojektes realisiert werden wird.

Auch über die „Dorfarbeit“, mit der besonders ehemalige Patienten unterstützt werden wurde mit den Verantwortlichen gesprochen. Die Unterstützung erfolgt beispielsweise auch in Form von Mikrokrediten an Frauen  zum Aufbau einer eigenen Existenz und der finanziellen Unterstützung von Mitarbeiterkindern.

So unterstützte das Projekt Feuerkinder beispielsweise Daniel und seine Mutter mit der Kostenübernahme für die plastischen Operationen zur Wiederherstellung von Daniels Gesicht sowie der Einrichtung eines kleinen Ladens für seine Mutter. Beide bedankten sich nochmals herzlichst bei unserem Besuch für die Hilfe.
Auch Peter, ein ehemaliger Klumpfußpatient, dessen Studium in Mwanza mitfinanziert wird,  kam aus 150 km Entfernung, um Danke zu sagen.

Mit den Verantwortlichen des URRC wurde die aktuelle Situation besprochen und Zukunftsperspektiven entwickelt.

So fand auch ein Treffen mit den Lehrkräften der Secondary-School im URRC statt. Das Projekt Feuerkinder unterstützte vor Kurzem die Anschaffung fehlenden Lehrmaterials für die Schule.

Mona Behninger berichtete als Verantwortliche für das SETU Projekt (Special Education and Training Unit). In dieser Abteilung im Center werden Menschen mit lern- und geistiger Behinderung unterrichtet. Weiterhin werden dort Mitarbeiter:Innen in diesem Bereich ausgebildet. Dankbar ist man für die durch das Projekt Feuerkinder finanzierten Waschgelegenheiten, Hygieneartikel und behindertengerechte Toiletten.

In der orthopädischen Werkstatt, der Abteilung für Physiotherapie sowie in der Klumpfußabteilung sprachen wir über die Entwicklung während der vergangenen 18 Monate und planten gemeinsam eine zukünftige Aufgaben.

Einem jungen Massai konnte beispielsweise nach an einem Löwenangriff, der einen fehlverheilten Armbruch zur Folge hatte mit einer neuen Orthese geholfen werden. Auch eine Beschäftigung wurde für den jungen Mann gefunden.
Es ist höchst erfreulich zu sehen, wie gut Nanyaro, der Orthopädietechniker arbeitet. Gleiches gilt für die Schuhmacher, die für die Klumpfußnachbehandlung erforderlichen Abduktionsschienen und Schuhe fertigen.

Besprechungen von Dr. Schwendner und Hr. Wittmann mit den einheimischen Kollegen Dr. Kiwesa (Unfallchirurg), Dr. Molell (Allgemeinchirurg), August Mallya (Anästhesist) und Emanuel Zablon (Anästhesist) zur Verbesserung der Strukturqualität (hier insbesondere benötigtes Material und notwendige Reparaturen), Prozessqualität (korrekter Umgang mit neuen Geräten, sichere Narkosen) und Ergebnisqualität (Reduktion von nosokomialen Infektionen und Komplikationen)

 

Zusammenfassung:  

Der 33. Feuerkinder Einsatz war kurz aber sehr intensiv. Trotz, aber auch gerade wegen der Corona Pandemie war ein Einsatz vor Ort notwendig. In vielen Begegnungen mit den Verantwortlichen der Meru-Diözese, des Usa River Reha-Centers, des Nkoaranga-Hospitals, sowie mit ehemaligen Patienten und Müttern behinderter Kinder kam die große Dankbarkeit zum Ausdruck. Die in den letzten Monaten geleistete vielschichtige Unterstützung, die wir trotz der Tatsache, dass wir nicht vor Ort sein konnten, geleistet haben, wurde von allen Seiten mit großem Dank erwidert.

Einige technische Probleme im Zusammenhang mit der Sauerstoff- und Druckluftversorgung im neuen OP konnten in der kurzen Zeit nicht befriedigend gelöst werden. Die Patientenmonitore sind in der Intermediate Care Station und im neuen OP erfolgreich im Einsatz. Die zwei Defibrillatoren im neuen OP wurden installiert und sind einsatzbereit.

Schulungsmaßnahmen zur Reanimation von Erwachsenen und Kindern, zum Zusammenbau und zur Sterilisation der Narkosekreisteile, zum Umgang mit den neuen Narkosegeräten sowie zur Durchführung von Corona Schnelltests wurden erfolgreich durchgeführt. Weil noch nicht alle Mitarbeitende des Krankenhauses geimpft sind, war die Übergabe und die Schulung von Material zum Schutz des Personals vor einer Corona Ansteckung besonders wichtig.

Notwendige Gespräche zum Neubau des Gebäudes für Gynäkologie und Geburtshilfe wurden mit den Verantwortlichen geführt. Darüber hinaus erfolgte in vielen Teilbereichen des Projektes ein Austausch mit den zuständigen Personen über den aktuellen Stand der Projekte sowie Planungen für die Weiterentwicklung. Erfreulich ist, dass in vielen Bereichen die Schulungen der Einheimischen und die Verbesserung der Strukturqualität wiederum zu einer besseren Versorgung der Patienten und vieler Menschen in der Meru-Diözese geführt hat. 

 

Danksagung:

Unser herzlicher Dank gilt Ihnen für Ihre vielen Spenden, mit denen Sie das Projekt Feuerkinder möglich machen.

Die Not in Tansania ist coronabedingt noch größer und auch vielschichtiger geworden.
Die Aufgaben des Projekts Feuerkinder haben sich ausgeweitet. Wir bitten Sie deshalb weiterhin um Spenden. Nur mit Ihrer Hilfe können wir den Menschen - besonders den Kindern - in Tansania helfen.

Spendenkonto:

Projekt Feuerkinder
Evang. Bank Kassel  BIC: GENODEF1EK1
IBAN:  DE53 5206 0410 0103 5099 82

 

Dr. Klaus Schwendner
Dr. Annemarie Schraml